Für Mara


In meinem Herzen stand ich

und sah dich: Mara!

Engelblaues Wunderwesen,

als sei das alles nicht gewesen,

rief ich dich und stand mich fest

in deinem Fest der Lobgesäge. Mara!





Meine Sehnsucht treibt mich,

zeigt sich, schweigt nicht:

spricht dich fest und gleich dem

und dir, die Kür ist ein Tanz,

du führst ihn auf,

o wäre es der Lauf zu mir, Mara!





Tief im Wiederhall stößt du

meine Geheimnisse in die Bäume,

in die Welt,

du bist Innenraum,

ein Traum in Gestalt einer Frau, Mara!





Am Ende der Tonleiter lebt es sich weiter,

heiter in die schönsten Gedanken,

ranken sie selbst zu diesem empor

und erreichen dein Ohr im Traume nur.

Fallen und gefallen,

unter allen nicht verstanden worden sein,

dir allein gehört mein Leben:

du Wunderwesen,

Mara!





Engelbeben, abschiedsgleich und anfangsnah

ist es die Liebe, die endlich jauchzend schreit,

weit in deine Haut hinein!

So geheim und so vertraut, M a r a !

Unbekannt

Freund, mir unbekannt,

reichen die Tränken,

um zu dürsten?

Freund, uns unbekannt,

stehen die Bäche noch auf Abwegen?

Der Regen fällt den Fremden,

die Sonne bricht sein Haar,

die Liebe weiß, dass er weiß:

doch spricht es nicht aus.

Freund, sich unbekannt,

rennen die Frösche noch

vom Himmel auf Erden?

Freund, sich unbekannt,

langen mit großen Armen die Kälber hinüber

zu dir, um zu wissen das Gras?


Freund, sich unbekannt,

unter warmen Betten,

reicht da dein Herz?

Bist nicht längst du abhanden gekommen

dem Allen – bist nicht längst du

fragil und schadvoll gewesen?

Schambehaftet und sorgengetränkt

schickt einer Worte deiner Antwort zu.

Du, Freundunbekannt,

weißt noch nicht,

dass die Zeiger keine sind,

die Bilder nicht mehr werden:

dass wir auf Erden vergessen

und ungelenk

der Freiheit entgegenschweren.

Wenn einer in ein neues Jahr geht

(nach Ingeborg Bachmann „Das dreißigste Jahr“)

Du bist eine neue Seite, darauf

schreibe ich das Wort:

Fügung.



Du stehst deine weiße Fläche,

auf der ich sicher versichere:

Neigung.



Du vergisst die Leerstellen nicht,

in denen ich schweige:

.



Wenn einer in ein neues Jahr geht,

so geht er hinein gebrochen.

Wochen brechen Knochen auf,

jede Woche bricht ein anderer.



So segnet die neue Zeit

den alten Menschen:

ich räche dich wie ich

einen Stern rächen würde:

zahm.



Die Blitze breche ich

auf dieser Fläche. Mit

einem Fuße lahm.

Die Toten beklage ich

ein Jahrhundert später.

Das Wetter reiße ich entzwei.

Die Gewitter lass ich übrig

und

spreche von jener höchsten Stund –

bevor ich in die Flammen steche



gezittert,

gezähmt –



dein Mund.

Schuhe

Anderweitig vertan sind die Schuhe.
Selbst Strümpfe frieren, denn es bleibt Winter.
So frieren die Schuhe mit den Menschen
– ein. Man möchte im Leben
wirklich kein Schuh sein.

Erstens wäre man geteilt (denn was
ist einer ohne den anderen),
dann das Stolzieren und dann
das Wandern.
Das nützt doch keinem!

Niemandes Schuh möchte man sein.
Ginge kaputt und dann gen Müll,
in Tüll aber schlafen die Frauen nackt
– darunter…
Doch einen Schuh wirtschaftet
man herunter.

Undankbar und ohne Schuhfett
nässt man, schwitzt man, stinkt.
Überhitzt man überhitzig,
unvollzählig und traurig.

Trauern muss der Schuh:
denn ohne ein Schuh Ich
ist kein Schuh Du.

21.08.2019

Trau schau

Deiner Seele habe ich
keinen Abbruch getan.
Du bist meinetwegen,
wegen mir –
wegen dir –
deinetwegen –
wegen was,
(wegen dem doch nicht)
ein Gedicht geblieben.

Wegen dem Legen-zu-Mittag
liegen lassen,
verblassen.

Ein Gedicht bleiben können,
den Zeiten entgegen,
den Zeilen –
wegen Streben, wegen was,
wegen dem doch nicht…
reden, überreden,
streben zu reden:
reden lass.

Gedicht geblieben,
Gedicht bleiben
und Gesicht.
Dein Gesicht
in meinem Gesicht,
deine Gedichte
sind meine Gedichte,
meine Gedichte bleiben
wegen dir, deinetwegen.
Schweigen.
 
Wiegen, überwiegen,
liegend zu wiegend,
wiegen was…
wiegend liebend,
lieben zu lieben,
liebend, flehend,
stockend, stehend:
lieben lass.
 
Bloß der Regen fällt dein Haar.
 
Doch deiner Seele
hat das keinen Abbruch getan.
 
Und dann:
reise auf deine
stille Art und Weise
fort.
Liebend, flehend,
stockend, stehend:
lieben lass.
 
Was ist das:
pfeifend, reifend,
knochig betend:
Liebe lass.