An wem

Für Ferdinand von Schirach, nach einem Erzählband des Autors

Schuldig ist nur das Wort geworden.

Schuldig nach dem Wort die Tat.

Die Tat ist schuldig durch den Menschen.

Der Mensch sprach Schuld.

.

Schuld brach den Menschen auf.

Setzte ihn, geteilt das Selbst,

Auf einen Berg und ließ ihn

Gut Ding und Weile haben.

Reichte Keile, um den Zwiespalt

Zu verstärken mit Achtung

Und mit Gewalt und gab der Schuld

Im zweigeteilten Menschen schließlich

Gestalt, die da rang um letzte Worte:

– Die da rang     um letzten Gipfel,

– Die da rang     um letzte Segnung,

– Die da rang.    Die da sang.

Sangklar  getroffene Schuld.

.

Sing noch einmal das Lied der Unschuld.

Sing noch einmal den Traum der Zügellosen.

Spiel noch einmal das Lied vom Leben.

Spiel die Liebe nicht mit bloßen,

Nackten Händen nach. Inszeniere

Die Maske nur und lass Arme sinken,

Beide. In der Schuld soll der Mensch ertrinken,

Darum schreibe.

Damit er Acht gebe

Um all der Gedanken und all der Träume.

Bäume dich entgegen. Bäume das Leben.

Bäume die Tat auf: am Tag bloß

Sieht man selten klar.

Darum musst du schreibend geben.

Sonderbar, so sonderbar. Da reihst du

Fremde und bekannte Worte

Neben immer andere Worte auf.

Stehst neben dir und dem.

Andere fallen auf dich zu.

Du aber fragst: schuldig,

an wem?

Veröffentlicht von

Eileen Mätzold

Seit Eileen Mätzold von ihrer Schwippschwägerschaft mit Rainer Maria Rilke, Heiner Müller und Ingeborg Bachmann erfuhr, hat sie eine große Verantwortung zu tragen. Die Jahre zogen rauschend ins Land. Doch unverändert ist seit dem: sie schreibt des Tags und des Nachts, schreibt und schreibt...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert