Die Hauselfe

Die Hauselfe fliegt nicht, sie schwirrt umher. Jeden Tag ab fünf treibt sie sich emsig im Haus herum und flitzt die Treppen hinauf und hinab, den Wischmopp in der einen und den Staubwedel in der anderen Hand. Sie saust wie der Wind in die Zimmer, wirbelt die Staubkörner eifrig in die Luft, zieht Betten ab und auf, schrubbt Badewannen und poliert die Klinken. Die Hauselfe ist tüchtig. Kein Gast konnte sich bisher über sie beschweren, denn keine Hauselfe ist so gründlich wie sie. Sie kennt jeden Winkel des Hauses, ihr bleibt nichts verborgen, nein, denn sie kennt jeden Gast persönlich. Sie weiß von seinem Leiden, wenn sie die Haare büschelweise im Waschbecken findet. Sie weiß von seinen Vorlieben, wenn sie die sieben Flakons anhebt, um die Fliesen darunter gründlich zu reinigen und ihr jedes Mal ein anderer Duft entgegenschlägt. Und sie weiß sogar von seinen unzähligen Krawatten, die sie farblich sortiert im Schrank vorfindet. Aber all das behält die Hauselfe für sich, sie verrät niemanden, so ist sie nicht. So schnell wie sie gekommen ist, saust sie auch schon wieder aus dem Zimmer und schwirrt ins nächste, jeden Tag, treppauf, treppab, den Wischmopp in der einen und den Staubwedel in der anderen Hand.

Veröffentlicht von

Dina

Dina H. wurde 1986 geboren. Sie lebt und arbeitet in Leipzig. Elias Canetti, Nikolai W. Gogol und Friederike Mayröcker liest sie am liebsten.

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