Ich bin ein vernünftiger Mensch. Ich habe mein Auto verkauft, weil ich es als Luxus empfand und mich mit sehr offensichtlichem Luxus immer ein bisschen unwohl fühle. Ich lebe in Städten und zwar in solchen, in denen Busse, Bahnen und sogar U-Bahnen fahren. Außerdem verbindet mich eine innige Liebesbeziehung mit meinem Fahrrad. Und seit dem Sommer auch mit meinen Füßen.
Eine Kollegin erzählte mir neulich mit leuchtenden Augen, dass ihr Mann vorhabe, sich ein Quad zu kaufen. Eine tolle Zeit würde das: sie und er auf dem Quad und den Wind im offenen Haar. Während ich überlegte, was genau das eigentlich sei, ein Quad, sprudelten Sätze aus ihr heraus, die Verben wie „heizen“, „brettern“ oder „düsen“ enthielten und auf „herrlich“ endeten.
“Aber warum?”, fragte ich. “Warum was?”, fragte sie. “Warum ein Quad?”, entgegnete ich. “Warum nicht?”, entgegnete sie. “Ich denke, ihr wollt Kinder?”, sagte ich. “Ja, und?”, sagte sie. “Wäre ein Combi da nicht sinnvoller?”, schlug ich vor. “Doch”, gab sie zu, “aber es geht nicht um Sinn bei einem Quad. Es geht um Spaß.“ Als ich die Stirn runzelte, ergänzte sie: „Weißt du, Spaß ist, was man hat, wenn man nicht nachdenkt.” Daraufhin ging sie und ich schwieg.
Wenige Tage später entdeckte ich ein Quad auf meiner abendlichen Hunderunde. Das Gefährt stand im Hinterhof einer benachbarten Wohnanlage. Es sah traurig aus. Es wollte gefahren werden. Weil es dunkel war und ich mich unbeobachtet fühlte, stieg ich kurz auf. Mir gefiel, was die Sitzhaltung mit meiner Laune machte: Ich wollte heizen, brettern und düsen. Herrlich. Auf dem Heimweg stellte ich mir vor, wie Heiko hinter mir sitzend die Arme um meinen Bauch schlingt und kichert.
Heute morgen kam ich wieder an dem Gefährt vorbei.